Ein Bericht aus der Neuen-Westfälischen vom 15.05.2017:
Schütenoberst Rüdiger Frin im Interview
Er ist im neunten Jahr Oberst des 1.100 Mitglieder zählenden Bürgerschützenvereins: Rüdiger Frin (52) spricht zum 450. Jubiläum vom 22. bis 25. Juni über das Schützenwesen und die Bedeutung in der alten Hansestadt.
Herr Frin, mindestens 450 Jahre Schützentradition in Brakel – wie würden Sie die Bedeutung dieses Vereines für die Stadt beschreiben?
Rüdiger Frin: Ursprünglich waren die Schützen ein Zusammenschluss Brakeler Bürger, um ihre Stadt und damit auch ihre Bürgerrechte zu verteidigen. Vor diesem Hintergrund muss man den Wert des Schützenwesens in unserer alten Hansestadt sehen. Mittlerweile haben wir auch viele Mitglieder aus Münster und anderen Orten in unseren Reihen. Verteidigung steht heute nicht mehr im Vordergrund – wohl aber das gesellschaftliche Leben und das Zusammenbringen von Jung und Alt. Das ist für einen jungen Schützen eine schöne Erfahrung. Ich erinnere mich noch, dass mich damals zwei Altschützen beim ersten Schützenfest begleitet haben. Ich bin mit offenen Armen im Kreise der Schützen aufgenommen worden – etwas, das wir auch heute noch gern an die Jugend weitergeben wollen.
Ist es denn schwierig, heute junge Menschen für das Schützenwesen zu begeistern?
Frin: Wir haben in den vergangenen Jahren viele junge Leute in den Verein aufgenommen. Die Jugend ist wieder bereit, das Schützenwesen zu akzeptieren. Das zeigt sich schon bei der Kleidung: Kamen manche vor zehn Jahren noch mit Jeans und T-Shirt zum Schützenfest, sind sie heute wesentlich schicker gekleidet. Die Veranstaltungen haben bei den Jugendlichen sichtlich an Wert gewonnen. Für uns ein Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Warum sind Sie selbst damals Schütze geworden?
Frin: Ich war 16 – bin aber schon mit 15 Jahren das erste Mal mitmarschiert. Es bestand für mich kein Zweifel, dass ich gemeinsam mit meinen Freunden so früh wie möglich in den Schützenverein eintreten würde. Und ich habe auch all die Jahre während der Bundeswehrzeit und des Studiums die Verbindung nach Brakel gehalten. Alle richteten sich darauf ein, sich wenigsten zweimal im Jahr – zum Schützenfest und zum Annentag – wieder in Brakel zu treffen. Dann wurde gemeinsam marschiert und gemeinsam gefeiert. Und das machen viele auch heute noch so.
Als Oberst hat man aber eine ganz andere Perspektive, oder?
Frin: Als Repräsentant dieses Vereins hat es eine andere Bedeutung, Schütze zu sein. Das Lockere ist weg, ich bewege mich anders in der Öffentlichkeit, werde auch anders wahrgenommen. Aber ich habe diese Aufgabe, dieses Amt ja freiwillig übernommen. Gemeinsam mit dem Vorstand trage ich die Verantwortung für unsere 1.100 Mitglieder. Ziel ist es, den Verein an den aktuellen Anforderungen der Zeit auszurichten und Traditionen, soweit sinnvoll, zu bewahren. Das läuft mit diesem Vorstand wirklich sehr gut. Er ist bereit für Neues, auch offen für Veränderungen und behält trotzdem das Vergangene im Blick. Wir haben auch von anderen Vereinen gelernt, haben uns ausgetauscht und rechtzeitig die Weichen für die Zukunft gestellt.
Und als Oberst in einem Jubiläumsjahr ist es noch einmal etwas Besonderes, an der Spitze der Bürgerschützen zu stehen. Was bedeutet Ihnen dieses?
Frin: Eine besondere Ehre, eine besondere Herausforderung – und eine Menge Arbeit. Das macht mit diesem Vorstand aber viel Spaß. Ich bin schließlich kein Einzelkämpfer, sondern ein Teamplayer. Und diese Aufgabe kommt nicht plötzlich, sondern ich hatte mehrere Jahre Zeit, in diesen Job hineinzuwachsen. Zuvor war ich bereits sechs Jahre als Adjutant im Vorstand. Als der damalige Oberst Karl Fimmel mich fragte, ob ich sein Adjutant werden wollte, bat ich mir Bedenkzeit aus, um mit meiner Frau Sandra darüber zu sprechen – denn ohne sie geht so etwas nicht (lacht). Doch Karlo hatte das schon längst erledigt. Alles war geklärt. Oberst und Adjutant arbeiten immer eng zusammen – besonders aber in einem Jubiläumsjahr. Und mit meinem jetzigen Adjutanten Alexander Tölle habe ich einen sehr guten Partner an der Seite. Wir ergänzen uns bestens.
Worauf freuen Sie sich im Jubiläumsjahr am meisten?
Frin: Einmal auf den Lichtmessball, der schon stattgefunden hat. Die Gäste waren zahlreich und sehr zufrieden, das Königspaar bester Stimmung. Wir haben alles richtiggemacht – eine Bestätigung. Derzeit bin ich noch sehr eingespannt in den weiteren Programmablauf des Jahres, so dass nicht viel Platz für überschäumende Freude bleibt. Der Verein soll ja schließlich gut dastehen. Besonders freue ich mich deshalb auf den Sonntagabend des Schützenfestes, wenn nach der Dechanten-Wahl mein letzter öffentlicher Auftritt mit Rede vorbei ist. Dann hole ich drei Tage Schützenfest in drei Stunden nach (lacht). Das geht meinen Vorstandskollegen übrigens genauso. Und wenn das Jubiläumsschützenfest gut gelaufen ist, haben wir uns das alle redlich verdient.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Schützenwesens in Brakel in den nächsten Jahren?
Frin: Ein Vorstand kann sich nicht entspannt zurücklehnen, sondern muss das Ohr immer am Volk haben. Es werden einige Herausforderungen auf uns zukommen. Zum Beispiel ist demnächst der Vertrag mit einem Festwirt neu auszuhandeln. Dann sind die verstärkten Sicherheitsauflagen ein Thema. Dazu die Vorgaben des aktuellen Vereinsrechtes. Und wir müssen es weiterhin schaffen, die Bevölkerung anzusprechen – die Akzeptanz zu erhalten und wenn möglich zu erhöhen. Diese laufenden Veränderungen zu vermitteln, das ist manchmal schwer. Aber auch wir Schützen müssen uns der Zeit anpassen.
Welche Schlagzeile möchten Sie am Ende dieses Jahres gelesen haben?
Frin: Die Brakeler Schützen haben sich im Jubiläumsjahr hervorragend präsentiert.InformationINFOS ZUM JUBILÄUM
- Gefeiert wird das Jubiläumsschützenfest in Brakel vom 22. bis 25. Juni.
- Der Bürgerschützenverein Brakel trägt im Namen die Jahreszahl 1567 – mittlerweile ist jedoch herausgekommen, dass das Schützenwesen in der Stadt vermutlich viel älter ist, sagt Oberst Rüdiger Frin.
- So gibt es eine Urkunde von 1380, laut der das sogenannte „Wächterkorn” von den Bürgern abgegeben werden musste. „Diese Wächter von Brakel waren aber wohl keine Bürgerschützen, sondern aus meiner Sicht eher den bezahlten Söldner zuzuordnen”, sagt der Oberst.
- Eine andere Urkunde von 1456 belegt jedoch, dass es bereits vier Bürgerwehr-Züge im Stadtgebiet gegeben haben muss: Explizit erwähnt werden darin die Hanekämper und die Schützen der Ostmerstrate. Dazu geht es darum, welcher Bürger welche Bewaffnung tragen solle – vom Brustpanzer über den Helm und die Armbrust bis zur Büchse.
Copyright © Neue Westfälische 2017